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Mittwoch, 16. Februar 2011

Stelldrähte

Vorbild
Bis zum Schluss im Jahr 2004, der Aufgabe von Ondrup als Blockstelle, verfügte der Bahnhof Ondrup über ein mechanisches Stellwerk. Zuletzt wurden von dort nur noch die Signale der Blockstelle bedient. Gebaut wurde das Stellwerk im Jahr 1937. Auch das schon lange abgerissene Stellwerk Ondrup West wurde in diesem Jahr errichtet. Über die Vorläufertechnik ist mir nicht viel bekannt. Doch schon vor dem Neubau waren einige Weichen ferngestellt. Das Stellwerk Of war im Empfangsgebäude integriert, und an der Stelle von Ow gab es auch einen Stellwerks- oder Postenbau.

Wer sich näher über Stellwerkstechnik informieren möchte, dem seien die MIBA Hefte "Mechanische Stellwerke Band 1 u. 2" empfohlen. Das Studium dieser Bücher zeigte mir, warum in Ondrup überhaupt 2 Stellwerke nötig waren. Die Entfernung zur Westausfahrt in Richtung Dülmen war einfach zu groß, um Weichen und Signale vom Stellwerk Of bedienen zu können, die Stelldrähte wären zu lang geworden um die Längenausdehnung mit Spannwerken auszugleichen. Auch der Stellwiderstand erhöht sich mit der Drahtlänge.

Beim Rückbau des Stellwerkes Ow wurde die Ausfahrtsweiche weiter in Richtung des Empfangsgebäudes verlegt und die Entfernung damit verkürzt. Erst dadurch wurden im Bahnhof an der Oberfläche Spannwerke sichtbar. Bis dahin waren die Spannwerke im Keller unter Of, bzw. im Erdgeschoss von Ow in den Spannwerksräumen aufgestellt.

Heute ist von den Stellwerksdrähten nur noch ein Druckrollenkasten und einige Rollenhalter auf dem noch erhaltenen Bahnsteig von Gleis 1 erhalten. Das Aussehen der restlichen Stelleinrichtungen kann nur geraten werden. Es ist aber anzunehmen, dass die Stelldrähte im Bereich der Ladestraße und Abstellgleise unterirdisch verlegt waren.


Noch erhaltener Druckrollenkasten am Bahnsteig Gleis 1, Foto von 2010.

Modell
Für die Darstellung musste zunächst festgelegt werden, wo genau frei laufende Stelldräht gespannt oder nur Kabelkanäle verlegt werden mussten. Für die gespannten Drähte kamen nur die Rollenhalter und Druckrollenkästen der Firma Weinert Modellbau aus Messing in Frage. Auch Kabelkanäle sind bei Weinert erhältlich, jedoch entschied ich mich für die ebenfalls sehr guten Kanalattrappen von Auhagen. In der Zwischenzeit hat auch Auhagen Rollenhalter aus Kunststoff im Angebot, die aber nicht die Qualität und Filigranität von Weinert erreichen. Die 90° Umlenkungen erhielt ich bei Mehbu Lasertechnik. Die Weichenantriebe lagen den Tillig-Elite Weichen bei bzw. konnten nachgekauft werden (bei den älteren Exemplaren). Für die dünneren Kabelkanäle, welche die Gleise in den Schwellenfächern queren, nutzte ich die alten Auhagen Regenrinnen.

Sehr einfach war der Einbau der Kabelkanäle. Um Material zu sparen verbaute ich die Kanäle sehr flach, so dass diese auf langen Strecken von Erdreich und Bewuchs überdeckt sind.


Die teilweise überdeckten Kabelkanäle zwischen Gleis 1 und 5

Auch die Ansteuerungen der Weichen wurden so abgeflacht gefeilt, dass sie im Boden zu verschwinden scheinen. Dabei sind sie so auszurichten, dass sie auf die ebenfalls im Boden versenkten Druckrollenkästen zwischen den einzelnen Kanal-Elementen zielen.


Der aus dem Boden auftauchende Stelldraht-Kanal führt zum Weichenantrieb

Am Stellwerk Ow mussten nur kleine Entfernungen überbrückt werden. Trotzdem sind 3 Signale und eine Weiche zu bedienen.


Umlenkungen zu den Ausfahrt-Signalen an der Westseite

Die Stellwerksdrähte werden dabei durch Gummilitze immitiert, die bei Weinert oder im Handarbeitsfachgeschäft erhältlich ist. Fixiert wird das Garn dabei mit Sekundenkleber. Die Gummilitze ist robuster, als sie auf den ersten Blick wirkt, und nur mit großer Kraft zu zerreißen.

Da das Stellwerk Ow etwas Abstand zu den Gleisen aufweist müssen die Stelldrähte erst durch Kabelkanäle in die direkt an den Gleisen befindliche Gruppenumlenkung geführt werden. Als Abdeckungen für die Gruppenablenkung verwende ich Riffelbleche, die den Antrieben der Elite-Weichen beilagen aber eh in die Bastelkiste gewandert wären.


Gruppenumlenkung mit dem erstem Stelldraht

In Richtung der Ostausfahrt nach Lüdinghausen verlaufen die Stelldrähte über weite Strecken im Freien. Zunächst wird die Straße unterquert. Als Austritt habe ich ein Stück Kabelkanal gewählt. Am Hochpunkt sorgt ein Druckrollenkasten für die Umlenkung der Drähte in die Ebene.


Vor dem Stellwerk Of befindet sich die Gruppenumlenkung, nach der Straße verlaufen die Drähte im Freien.


Der Druckrollenkasten im Detail. Das Befestigen der Gummilitze in verschienen Höhenlagen ist sehr fummelig aber nicht unmöglich.


Schmaler und breiter Druckrollenkasten von Weinert, Best.-Nr. 7209

Bei der Segmentbauweise des Bahnhofs Ondrup ist eines der zu lösenden Probleme der Übergang zwischen den Modulkästen. Die 6-fach Rollenhalter werden auf von Weinert mitgelieferte Stahldrähte gesetzt, die 1-1,5 cm Tief im Untergrund verklebt werden. Zur Übergabe an den Kanten habe ich jeweils eine Seite der Blenden an den Rollenhaltern abgetrennt. So waren zwar 2 Rollenhalter je Übergang nötig, doch müssen so nach dem Aufbau keine Verbindungsschnüre mehr gezogen werden, wie z.B. bei diesem Fremo-Bahnhof: Wernersgrüben. Die Stelldrähte liegen dort in der Aufbauphase noch nicht verbunden auf der Wiese.


Der doppelte Rollenhalter mit gekürzten Wetterschutz-Blenden am Modulübergang












Sechsfach Rollenhalter von Weinert, Best.-Nr. 7206

Beim Vorbohren der Löcher für die Stahldrähte, auf denen die Rollenhalter sitzen, ist exaktes Arbeiten gefragt. Am Besten mit einem Handbohrer (Kölbchen) entlang eines Lineals in gleichmäßigen Abständen. Im Vorbild beträgt der Abstand zwischen den Rollenhaltern 8-12 m, also maximal 13,8 cm im Maßstab 1:87. Bei mir es aber trotzdem ein Abstand von 15 cm geworden, weil das Rastermaß der Segmente bei einer gleichmäßigen Verteilung der Rollenhalter keine anderen Abstände zuließ. Geschenkt gibt es Weinert-Teile bekanntlich auch nicht, und eine gleichmäßige Verteilung erschien mir zum Zeitpunkt des Baus sinnvoller.

Sind die Rollenhalter eingebaut und verklebt kommt das langwierige ziehen der Stelldrähte dran. Hier geht man Draht für Draht vor. Als Klebstoff verwende ich Sekundenkleber, gern auch aus dem 1€ Laden. Wichtig ist zunächst die Fixierung am Anfangshalter eines Segmentes. Dann den Draht zum Endhalter führen (durch die restlichen Rollenhalter-Portale hindurch) und spannen, wobei die Länge der Gummilitze ruhig um knapp die Hälfte gestreckt werden kann. Einen Tropfen Sekundenkleber auf die Litze kurz vor dem Rollenhalter geben und dann so weiter Spannen, dass der Tropfen in der Blende verschwindet. Bis 10 zählen und fertig. Bei der Fixierung an den mittleren Haltern zuerst die Litze aus dem Halter herausziehen, dann den Kleber aufbringen. Durch den Spannungausgleich sollte der Klebstofftropfen von allein Litze und Rollenhalter verkleben. So hat man viele Stunden Bastelfreude mit tollem Ergebnis.

Am Ende der geraden oberirdischen Drahtführung werden zuerst die Ausfahrtsignale in Richtung Lüdinghausen, dann die Einfahrtweiche und zuletzt das Einfahrtsignal angesteuert.

Die Umlenkung zu den Signalen erfolgt durch Absenkung der Stelldrähte in die Umlenkungen. Von dort werden die Gleise durch Kabelkanäle (bestehend aus Auhagen Regenrinnen) in den Schwellenfächern gekreuzt. Dann wieder eine Umlenkung in Richtung des Signalantriebes, der sich im Kasten am Signalfuß befindet. Natürlich handelt es sich im Vorbild um Doppeldrähte die über Seilscheiben umlaufend bewegt werden. Im Modell stelle ich die Doppeldrähte mit jeweils einer Gummmilitze dar.

3 weitere Drähte werden für die Weichenstellung und Verriegelung durch einen Kabelkanal in den Weichenantrieb geführt. Natürlich verschwindet die Gummilitze kurz hinter dem Anfang des Kabelkanals im Untergrund und ist dort fixiert.


Der Verlauf der Stelldrähte und die Ansteuerung von Signalen und Weiche












Dreifachrollenhalter aus Weinert Set Best.-Nr. 7205

Der letzte übrige Draht führt zum Modulende in Richtung des Einfahrtsignals, den Verlauf auf den angrenzenden Modulen muss sich der Betrachter dann denken, denn die Einfahrtsignale können universell in Modulen mit Wattenscheider-Schächten eingesetzt werden.












Einfachrollenhalter aus Weinert Set Best.-Nr. 7205

Insgesamt stellte sich das Strippen ziehen als weniger dramatisch dar, als anfangs vermutet. Ob ich die Stelldrähte noch einfärbe weiß ich nicht genau. Im Vorbild sind sie oft silbrig glänzend und nur an den Umlenkrollen durch Abrieb dunkel verfärbt. Ich hoffe noch auf Erfahrungswerte anderer Modellbauer, mit welchen Farben man die Drähte einfärben kann, ohne die langfristige Flexibilität zu zerstören.

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